Mein Bruder heißt Jessica : Roman

Boyne, John, 2020
Antolin Klasse: 0 Zum Antolin Quiz
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Reservierungen 0Reservieren
Medienart Buch
ISBN 978-3-7373-4219-3
Verfasser Boyne, John Wikipedia
Beteiligte Personen Zöfel, Adelheid Wikipedia
Systematik JE - Erzählungen
Schlagworte Familie, Wandel, Geschwister, Akzeptanz, Geheimnis
Verlag Fischer KJB
Ort Frankfurt a. M.
Jahr 2020
Umfang S. 253
Altersbeschränkung 12
Sprache deutsch
Verfasserangabe John Boyne. Aus dem Engl. von Adelheid Zöfel
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Manuela Kalbermatten;
Anfänge kann er. Das erste Kapitel von John Boynes Roman Mein Bruder heißt Jessica ist geradezu grandios getaktet: In einer Rückschau des mittlerweile 13-jährigen Ich-Erzählers Sam auf den dramatischen Beginn seines Lebens wird die Beziehung zweier Geschwister inszeniert als Steigerungsfolge spektakulärer Unfälle. Da rennt sich das ältere Kind in seiner Liebe für das jüngere dreimal ganz wörtlich den Kopf ein. Die Narbe, die es nach dem letzten Unfall davonträgt, weil es im nächtlichen Krankenhaus Hilfe für den vermeintlich sterbenden Baby-Bruder holen wollte und dabei über das Kabel eines Infusionsständers stolperte, zeugt für Sam seither von der bedingungslosen Liebe jener Person, die er wiederum mehr als alle anderen Menschen bewundert und die er in seinem Bericht durchgängig und geradezu litaneihaft als mein Bruder Jason bezeichnet.
Was in diesem Frühstadium des Romans noch ergreifend klingt, entfaltet im Lauf der Lektüre zusehends beklemmende Wirkung; hier dürfte der Titel ein deutliches Warnsignal sein. Denn als seinen Bruder Jason will Sam seine inzwischen 17-jährige engste Vertrauensperson auch dann noch sehen, als Jessica längst und wiederholt betont hat, dass sie nicht Sams Bruder, sondern seine Schwester ist. Nun gelten für den literarischen Diskurs eigene Regeln, und Sams Deadnaming, sein starres Festhalten am Namen und am Geschlecht, die seiner Schwester bei der Geburt zugewiesen wurden, sind vorderhand einmal als Figurenrede zu beurteilen. Dass sich der Teenager, dessen unzweifelhafte Männlichkeit und Heterosexualität im Text beständig und ziemlich penetrant bestätigt werden, zunächst schwertut, die für ihn neue Identität Jessicas anzuerkennen (die als Figur im Übrigen nie recht greifbar wird), mag auf Ebene der erzählten Geschichte einleuchten und eine gesellschaftliche Problematik ansprechen. Es korrespondiert aber nicht nur mit dem kompletten Unverständnis der Eltern, die als stets nur auf ihre Öffentlichkeitswirksamkeit bedachte Kabinettsministerin und ihr Privatsekretär völlig überzeichnet werden, sondern mit den feindseligen, ignoranten und verletzenden Reaktionen fast aller anderen Figuren. An ihnen rennt sich Jessica bis zum völlig aus dem Nichts kommenden Happy End wieder und wieder den Kopf ein. Und spätestens damit verliert rückblickend auch der Anfang dieses von traurigen Klischees strotzenden Texts seinen Charme.

----
Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Elisabeth Zehetmayer;
Wie reagieren die Familie und das Umfeld auf das Outing eines transsexuellen Jugendlichen? Ein heftig diskutiertes Jugendbuch. (ab 14) (JE)
Derzeit greifen einige Kinder- und Jugendbücher das Transgender-Thema auf. Die meisten erzählen aus der Sicht der Betroffenen über deren Ängste, Konflikte und Fragen. Im Jugendbuch des irischen Autors John Boyne hingegen wird in lockerem Ton konsequent aus der Perspektive des jüngeren Sam über das Outing seines Bruders berichtet. Um das Thema Transidentität einem breiten jungen Publikum besser zugänglich zu machen, stellte Boyne die Reaktionen von Familie und Umfeld in den Mittelpunkt. Ein an sich interessanter Ansatz.
Für den 13-jährigen Sam ist der um vier Jahre ältere Jason der beste Bruder auf der Welt und sein größtes Vorbild. Da die Eltern vor allem ihrer beruflichen Karriere - die Mutter ist eine ehrgeizige konservative Ministerin im englischen Kabinett, der Vater ihr Sekretär - Zeit und Interesse schenken, hängen die beiden Brüder besonders aneinander. Stets erhält der an Dyslexie leidende, schüchterne Sam vom sportlich erfolgreichen, allseits beliebten Jason Ermutigung und Unterstützung. Als Jason eines Abends seiner Familie eröffnet, dass er sich schon seit jeher als Mädchen fühlt und ab sofort seine wahre Identität leben möchte, reagieren die vorurteilsbehafteten Eltern mit harscher Kritik, Bagatellisierung und Zynismus. Sie zeigen keinerlei Interesse an ihrem Sohn, allein die Angst vor den Medien und dem bedrohten politischen Aufstieg treibt sie um. Diese erschreckend lieblose Darstellung der Eltern ist zu eindimensional, schrill und überzogen geraten. Auch Sam versteht die Welt nicht mehr. Seine kindliche Sicht des Geschehens, seine gemischten Gefühle aus Angst, Wut und Mitleid schildert Boyne überzeugend. Jessica/Jason wiederum geht mit seiner Situation erstaunlich reflektiert und gelassen um. Er/sie nimmt bei der verständnisvollen Tante Zuflucht und geht konsequent seinen Weg. Vier Jahre später scheint alles gut: Die Eltern sind auf wundersame Weise geläutert und ausgerechnet Sams Erzfeind - der arrogante Nachbarjunge David - mutiert vom bösen Mobber zum guten Freund.
Aufgrund seines relevanten gesellschaftlichen Themas ein absolut diskussionswürdiges Jugendbuch ab 14 Jahren, dem allerdings differenziertere Charaktere, mehr Tiefgang und ein realistischerer Ausgang gutgetan hätten. In den Sozialen Medien wurde das Buch seitens der Transgender-Community allein schon wegen seines Titels heftig kritisiert. Demnach sollte es korrekter Weise "Meine Schwester heißt Jessica" heißen.

----
Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Seitenweise 2020
Als Sam Wavers großer Bruder Jason sich eines Tages als Mädchen outet, ist seine Familie verstört; die Eltern, konservative Politiker_innen, erwägen aberwitzige Therapieformen, und Sam fürchtet, dass er seinen Bruder verliert. Jason bricht mit der Familie und flieht zu einer Tante. Doch letztlich wendet sich alles zum Guten inklusive des filmreifen Showdowns vor der britischen Presse Ein temporeicher Roman, der mit (klug übersetztem) britischem Humor Fragen nach Identitätsfindung und Geschlechterrollen verhandelt. Seine Unbeschwertheit resultiert vor allem aus der Perspektive des pubertierenden Sam, der selbst noch nicht ganz begreift, was hier eigentlich vor sich geht.
*STUBE*

Leserbewertungen

Es liegen noch keine Bewertungen vor. Seien Sie der Erste, der eine Bewertung abgibt.
Eine Bewertung zu diesem Titel abgeben