Wohin dein Herz dich schlägt : Geschichten vom Entlieben und Verlieben

Knödler, Christine (Hg.), 2010
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Medienart Buch
ISBN 978-3-522-50093-7
Verfasser Knödler, Christine (Hg.) Wikipedia
Beteiligte Personen Knödler, Christine [Hrsg.] Wikipedia
Systematik JE - Erzählungen
Schlagworte Erste Liebe, Beziehungen
Verlag Thienemann
Ort Stuttgart
Jahr 2010
Umfang S. 287
Altersbeschränkung 13
Reihe Ich bin Ich!
Sprache deutsch
Verfasserangabe Christine Knödler [Hg.]
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Christina Rademacher;
Raten Sie mal: Welches ist die "Geschichte vom Entlieben und Verlieben", welches die "Geschichte über Gewalt"? Erstes Beispiel: "Ruperts Stimme klang immer noch ganz sanft. Er schob meine Haare zur Seite und küsste mich auf den Nacken. Ich bekam eine Gänsehaut. Seine Hand griff unter mein T-Shirt. Seine Lippen wanderten über meinen Hals bis zu meinem Mund." Typisch Liebesgeschichte, oder? Jetzt das zweite Beispiel: "Der Schlag sitzt, der Schlag passt, der Schlag ist präzise. Du bewegst dich seit drei Minuten nicht mehr. Dein Kopf liegt auf dem Waldboden, mit Blut durchmischte Spucke klebt in deinem Mundwinkel." Eine brutale Szene, die an einen Thriller denken lässt, aber sicher nicht an eine Liebesgeschichte. Doch die Grenze zwischen Liebe und Gewalt verschwimmt im Leben manchmal genauso wie in den beiden von Christine Knödler herausgegebenen Anthologien. Schließlich klingen schon im Titel "Wohin dein Herz dich schlägt" und in der Umschlagillustration eines Herzens mit Pflasterverband beide Themen an. Und auch in der Anthologie "Mit voller Wucht" wird oft die Liebe zur Ursache von Gewalt.
Die vermeintlich zärtliche Liebesszene des ersten Beispiels stammt aus einer Geschichte über Gewalt von Maja von Vogel mit dem Titel "Du bist mein Augenstern". Die 16-jährige Mara hat sich von ihrem Freund getrennt und lernt den netten Ben kennen. Schickt einer von ihnen die anonymen SMS, die Mara zunehmend ängstigen? Im Finale entpuppt sich jedoch ausgerechnet Rupert, ein Freund ihres jüngeren Bruders, als Stalker, der meint, sich Mara mit Gewalt nehmen zu dürfen.
Die brutale Szene im Wald ist dagegen einer "Geschichte vom Entlieben" entnommen, wie sie bitterböser nicht ausgemalt werden könnte. Lene März' Ich-Erzählerin Eva lebt ihre Enttäuschung über den Freund in einem phantasievollen Racheakt aus, der nur um Haaresbreite von der Realität entfernt ist. Trotz viel Donner, Blitz, umgestürztem Baum, Axt, Kettensäge und wie vom Himmel gefallenem Mann mit viel Verständnis fürs Jagen und Sägen umschifft das Liebesdrama mit schwarzem Humor die Klippen des Kitsches.
Leider vermeiden nicht alle "Geschichten vom Entlieben" Klischees und gängige Muster. Wenn ein junger hübscher Mann wie ein Kaninchen aus dem Hut überall dorthin in die fremde Stadt gezaubert wird, wo die Heldin Hilfe benötigt und sie dann auf starken Armen bis vor die Haustür trägt, ist man vom Groschenroman nicht weit entfernt.
Mit Raffinesse hat dagegen Sabine Both ihre Aufgabe bewältigt. Aus der Rückschau erzählt die Ich-Erzählerin von einer wunderschönen Nacht, die sie mit Leon im Freibad erlebt hat. Sie erinnert sich, während sie mit Leon zusammen ist, doch erst am Ende wird klar, warum ihr Freund stumm bleibt. Die Frage, ob man sich entlieben soll von jemandem, der nach einem Unfall in einer eigenen Welt lebt, lässt die Autorin offen.
Enttäuschte Liebe gehört dazu, aber auch Konkurrenz, Minderwertigkeitsgefühle oder Langeweile: Die "Geschichten über Gewalt" fächern ein breites Spektrum von Ursachen auf. Vor allem die jungen Autoren und Autorinnen schildern meistens sehr konkret, wie ohnmächtig sich einzelne fühlen, und zwar sowohl aus der Opfer- wie auch aus der Täterperspektive. Dabei nimmt Noemi Schneiders Geschichte "Der Stein" eine originelle Zwischenposition ein: Indem er einen alten Mann schwer verletzt, wird er zum Täter und ist doch zugleich ein Opfer, weil er nichts dagegen tun konnte, geworfen zu werden.
Wenige Geschichten bewegen sich im abstrakten, vieldeutigen Bereich. Jürgen Seidel nimmt in seiner Fabel Über Tarzan die Perspektive einer Ratte ein, die von Menschen abgerichtet wurde, altes Blut zu riechen, durch einen gewaltsamen Akt blind und taub geworden ist, aber nie mehr vergessen wird, "wie es riecht, wenn Menschen hassen".

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